Wie kommt es zu Ausgrenzung und Verfolgung und wer ist davon betroffen? Beschäftigt man sich mit dieser Frage, wird schnell deutlich, dass Ausgrenzung und Verfolgung in Deutschland historisch gewachsen sind und es sich nicht um Phänomene handelt, die ausschließlich zur NS-Zeit aufgetreten sind. Bereits 1883 erschien in Mainz mit der Zeitschrift Die Wucherpille. Volksthümliches Wochenblatt für Leser jeder christlichen Confession. Gegen Anmaßung, Wucher und systematische Ausbeutung in Stadt und Land eine klar antisemitische Hetzschrift.
In unserer Dauerausstellung zeigen wir insbesondere auf, welche Gruppen in der NS-Zeit ausgegrenzt, verfolgt und ermordet wurden, machen aber auch deutlich, welche Bevölkerungsgruppen nach 1945 Ausgrenzung erfahren haben.
Die Formen und Beweggründe, die zu Ausgrenzung führen, sind unterschiedlich und vielfältig.. Doch gemein ist allen Ausgegrenzten, dass sie sich durch bestimmte Merkmale scheinbar von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden. Das können Merkmale wie Herkunft, Sprache, Religion, sexuelle Identität, der soziale Status oder auch bestimmte Verhaltensweisen sein. Zu den Gruppen, die nach 1945 Ausgrenzung erfahren haben und in unserer Ausstellung hervorgehoben werden gehören unter anderem „Gastarbeiter*innen“, die ab den 1950er Jahren nach Deutschland kamen, um hier den Arbeitskräftemangel zu beheben. Gerade in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit waren die Familien dieser „Gastarbeiter*innen“ immer wieder rassistischen Ausgrenzungen ausgesetzt. Das aktuellste Beispiel, auf das wir in unserer Dauerausstellung verweisen, ist der Umgang mit Geflüchteten. Die zunehmende Zahl an Geflüchteten in den 1990er Jahren, aber auch nach 2011 verstärkte teilweise die Angst vor einer vermeintlichen „Überfremdung“. Gerade islamistische Terroranschläge in Europa führten dazu, dass Menschen mit Migrationshintergrund, die dem Islam angehören, von manchen Teilen der Bevölkerung als Bedrohung wahrgenommen und aufgrund dessen abgelehnt wurden und werden.
Bei unserem pädagogischen Angebot fokussieren wir uns auf die Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung zur Zeit der nationalsozialistischen Diktatur. Auf der Grundlage mehrerer Zeitzeugeninterviews, die von der Shoah Foundation in den 1990er Jahren aufgenommen wurden, analysieren wir gemeinsam mit den Besuchergruppen die Situation der Mainzer Jüdinnen*Juden in der Zeit bis 1938. Unsere Besucher*innen lernen so unter anderem einen jüdischen Mainzer kennen, der berichtet: „Natürlich wurde man mit Rufen wie ‚Jude! Jude! Jude!‘ bedacht. Das war abfällig gemeint. Man versuchte, sich davon nicht berühren zu lassen, aber das ist schwer, es ist verletzend. Besonders wenn man noch klein ist und nicht versteht, was man getan hat, um solche Reaktionen hervorzurufen.“ Diese Zeitzeugeninterviews sind in unserer Bildungspraxis unersetzlich. Wie nahmen sie Antisemitismus in der Bevölkerung wahr? Was gab schließlich den Ausschlag für eine Auswanderung oder eine Flucht aus Deutschland? Warum erinnern sie sich an diese Zeit zurück und geben ihre Erinnerungen an die Nachwelt weiter? Letztlich geht es darum, der Opfer gemeinsam zu gedenken, die Erinnerung wachzuhalten, aber auch den aktuellen Umgang mit bestimmten Bevölkerungsgruppen kritisch zu hinterfragen.