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Der „Schwulenparagraf“ – Geschichte einer Verfolgung: Filmvorführung mit anschließender Diskussion
22. November 2022, 18:00 - 19:30
Man nannte sie „die 175er“. Verhaftet wurden diese Männer direkt beim Liebesspiel, nicht selten am Arbeitsplatz, oder die Polizei holte sie von zu Hause ab. Ein paar Stunden später saßen sie oft schon in Haft, die Kündigung vom Arbeitgeber ließ meist nicht lange auf sich warten. Ihr begangenes Verbrechen: einvernehmlicher Sex unter erwachsenen Männern. Damit verstießen sie gegen den §175.
In diesem Film berichten Zeitzeugen davon – wie jemand, den die Polizei 1966 vom Postamt abgeführt hat, weil die Mutter seines Ex-Freundes ihn angeschwärzt hatte. Oder jemand, der im katholischen Franken mit einem amerikanischen Soldaten in flagranti erwischt wurde und deshalb im Jugendarrest landete. Sie alle sprechen über ihre Verhaftung, den Knast, ihre Angst, erwischt zu werden oder erpressbar zu sein, aber auch über ihren Wunsch, trotzdem ein selbstbewusstes schwules Leben zu führen. Sie lassen verstehen, wie lang und beschwerlich der Weg war von der damals verbotenen Sexualität und Heimlichkeit bis hin zur Schwulenehe heute.
Filmautor Marco Giacopuzzi geht mit großer Sensibilität auf seine Zeitzeugen zu. Sein Film zeigt eindrucksvoll, wie ein menschenverachtender Paragraf und brutale Diskriminierung das Leben unschuldiger Männer und auch Frauen zerstörte und warum es so lange dauerte, bis Paragraf 175 aus der bundesdeutschen Rechtsprechung endlich verschwand. Erst 2017 beschloss die Bundesrepublik ein Gesetz zur Rehabilitierung aller Opfer des Paragrafen. Doch nur wenige trauten sich, einen Antrag zu stellen, und die meisten waren ohnehin verstorben.
Eine Kooperationsveranstaltung mit der Landeshauptstadt Mainz, Kulturamt & Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LSBTIQ, und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde Rheinland-Pfalz e. V. (IGL).