Nachdem in den ersten Jahren des NS-Regimes bereits umfassende Ausgrenzungs- und Verfolgungsmaßnahmen gegen Jüdinnen*Juden in die Tat umgesetzt wurden, erfolgte mit der sogenannten Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 die gezielte Planung der Deportationen, die die jüdische Bevölkerung Europas in die Vernichtungslager bringen sollten. In die Villa am Großen Wannsee 58 hatte der Chef des Sicherheitsdienstes und der Sicherheitspolizei, Reinhard Heydrich, eingeladen. Unter strengster Geheimhaltung besprachen die 15 Teilnehmer, Vertreter der SS, NSDAP und mehrerer Reichsministerien, die Organisation und Umsetzung der „Endlösung der Judenfrage“. Vorrangiges Ziel der Besprechung war die Aufteilung der Zuständigkeiten bei den Deportationen und die Einbindung verschiedener Institutionen in die Organisation des Völkermordes. Entgegen gelegentlicher Annahmen wurde auf der Wannsee-Konferenz also nicht die Ermordung der europäischen Jüdinnen*Juden beschlossen, sondern die Umsetzung der, bereits auf höherer politischer Ebene beschlossenen, Massenmorde.
Als wichtigstes Dokument dient uns heute das Protokoll der anderthalbstündigen Besprechung, in dem Adolf Eichmann, Leiter des Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt, die Ergebnisse der Konferenz zusammenfasste. Aus diesem geht hervor, dass Heydrich den Teilnehmern die Mitteilung über die nun stattfindende Deportation aller europäischen Jüdinnen*Juden nach Osteuropa verkündete, die auf Grundlage einer „vorherigen Genehmigung“ Hitlers stattfände. Wie im Protokoll festgehalten, läge die „Federführung bei der Bearbeitung der Endlösung der Judenfrage“ nun bei Heydrich.
Die Koordination zwischen den Institutionen und die Festlegung der Zuständigkeiten bei der Organisation der Deportationen, die am 20. Januar 1942 auf der Wannsee-Konferenz erfolgte, ermöglichte die Ausweitung und Durchführung des millionenfachen Mordes in den folgenden Jahren.
Rund 1.000 Jüdinnen*Juden aus Mainz und der näheren Umgebung wurden im März und September 1942 ebenfalls in Konzentrationslager deportiert. Nur wenige überlebten.
Nachdem die Villa nach 1945 unter anderem jahrzehntelang als Schullandheim diente, entstand mit dem Umbau in eine Gedenkstätte ab Juni 1989 die Gedenk- und Bildungsstätte →„Haus der Wannsee-Konferenz“, die ein umfassendes pädagogisches Programm anbietet.
In der ZDF-Mediathek kann neben anderen Filmen und didaktischer Materialien über die Wannsee-Konferenz ab sofort auch eine eindrückliche →Dokumentation abgerufen werden.
Am 20. Januar 1942 waren außer Heydrich anwesend:
– Gauleiter Dr. Meyer, Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete
– Reichsamtsleiter Dr. Leibbrandt, Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete
– Staatssekretär Dr. Stuckart, Reichsministerium des Innern
– Staatssekretär Neumann, Amt des Beauftragten für den Vierjahresplan
– Staatssekretär Dr. Freisler, Reichsjustizministerium
– Staatssekretär Dr. Bühler, Amt des Generalgouverneurs
– Unterstaatssekretär Dr. Luther, Auswärtiges Amt
– SS-Oberführer Klopfer, Parteikanzlei
– Ministerialdirektor Kritzinger, Reichskanzlei
– SS-Gruppenführer Hofmann, Rasse- und Siedlungshauptamt
– SS-Gruppenführer Müller, Reichssicherheitshauptamt
– SS-Obersturmbannführer Eichmann, Reichssicherheitshauptamt
– SS-Oberführer Dr. Schöngarth, Befehlshaber der Sipo und SD im Generalgouvernement
– SS-Sturmbannführer Dr. Lange, Dienststelle des Kommandeurs der Sipo und SD in Riga und vermutlich eine Schreibkraft des Reichssicherheitshauptamtes