Seit Mitte September protestieren im Iran Menschen aller Altersgruppen, Ethnien, Schichten und Geschlechter. Auslöser war der Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini am 16. September 2022, wenige Tage nach ihrer gewaltsamen Festnahme durch die iranische ‚Sittenpolizei‘ in Teheran. Diese war der Meinung, Amini habe ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß getragen. Ihr Tod löste eine Welle landesweiter Proteste gegen das iranische Regime aus, das mit aller Härte gegen die Demonstrierenden vorgeht. Bereits über 120 Menschen sind nach aktuellen Angaben bei den Protesten ums Leben gekommen. Unter dem Motto „Jin, Jiyan, Azadi“ (kurdisch für „Frauen, Leben, Freiheit“) setzen sich die Demonstrierenden für Freiheit, Selbstbestimmung und Gleichberechtigung ein.
Die Geschichte der Frauenbewegung und des feministischen Widerstands im Iran geht lange zurück und ist eng mit dem Hidschab verwoben. Der zum Kaiser aufgestiegene Kosakengeneral Reza Schah Pahlvi verbot 1939 das Kopftuch per Gesetz, da er das Land mit radikalen Mitteln modernisieren wollte. Sein Nachfolger Mohammed Reza setzte diese Politik fort. Bis zur Islamischen Revolution 1979 konnten Aktivistinnen zahlreiche Gesetzesänderungen durchsetzen, die den rechtlichen Status der Frau verbesserten. Die verordnete Modernisierung traf jedoch nicht in allen Teilen der Bevölkerung auf Zustimmung und so kam es ab 1978 zu Massenprotesten gegen Mohammed Reza. Bei diesen trugen viele iranische Frauen bewusst ein Kopftuch, das zum Symbol der Protestbewegung geworden war. Mit der Machtübernahme des Revolutionsführers Ajatollah Khomeini wurde das Tragen des Hidschab hingegen zur Pflicht und die Rechte von Frauen wurden stark eingeschränkt – In einem Kampf für Freiheit und Gleichberechtigung stellt das Kopftuch somit auch immer ein Symbol der Selbstbestimmung dar.
→ Mehr über die iranische Frauenbewegung lässt sich hier nachlesen.
Wir verurteilen das gewaltsame Vorgehen gegen die Proteste im Iran und solidarisieren uns mit den Demonstrierenden, die sich für Freiheit, Würde und Menschenrechte einsetzen.
→ Amnesty International fordert eine internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen im Iran. Der Link zum Apell findet sich hier!