Im Rahmen der Mainzer Erinnerungswochen „Frauen im Widerstand“ fand am Dienstag, dem 2. Februar die Podiumsdiskussion „Widerstand, Erinnerungskultur und Kurvenengagement“ im Haus am Dom in Mainz statt. Eingeladen waren Nora Hespers, Felix Tamsut und Freddy Mo Wenner, drei Personen mit völlig unterschiedlichen Biografien und unterschiedlichen Erfahrungen zu Diskriminierung und bürgerschaftlichem Engagement.
Felix Tamsut kommt aus der israelischen Stadt Aschdod und lebt in Köln. Er ist Mitglied und leidenschaftlicher Fan des 1. FC Köln und begleitet seinen Verein, egal wohin. Als Journalist hat er schon viele Jahre über den Hintergrund von Fanaktionen berichtet und auch internationalem Publikum die Strukturen hinter den Kurven Deutschlands nähergebracht. Auch an diesem Abend erzählt er von Inklusion und Diskriminierung im Fußball und in seiner Fankultur. Dabei schildert er auch persönliche Eindrücke und regt Denkanstöße an, wie in Deutschland damit umgegangen werden sollte. Neben dem Antisemitismus sieht er auch einige weitere Ebenen, auf denen Menschen im Fußball diskriminiert werden. Hier meint er insbesondere die sexuelle Orientierung und die sexuelle Identität.
In diesem Bereich knüpft Freddy Mo Wenner an. Wenner engagiert sich seit Mitte der 2000er-Jahre ehrenamtlich in queeren Kontexten. Dies umfasst die Organisation von Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit sowie Empowerment und Selbsthilfe. Wenner begleitet unter anderem Menschen bei individuellen Berufswahlcoachings, anhand unterschiedlicher, vor allem arbeitspsychologischer Profile. Durch die Offenlegung der diskriminierenden Strukturen, gegen die sich Wenner als Trans-Person alltäglich wehren muss, möchte er verdeutlichen, wie viel sich noch in den Köpfen unserer Gesellschaft verändern muss. Viele Äußerungen seien – wenn auch unbewusst – diskriminierend; sie würden verletzen und ausschließen. Ein wichtiger Ansatzpunkt sei hier die genderkonforme Sprache, doch wir brauchten auch andere Realitäten, in denen beispielsweise keiner hinterfragt wird, warum wer welche Toilette benutzen möchte.
Nora Hespers ist seit 2003 in unterschiedlichsten Rollen und Funktionen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tätig. Die Verbindung zum Sport besteht durch ihre dortigen Anfänge in der Redaktion der Sportschau im WDR-Studio in Köln.
Als Video-Producerin, Onlinerin, TV-Autorin oder Social Media Expertin hat Hespers einige Fußball-WMs und EMs begleitet. Ihre Karriere wurde im Laufe der Jahre durch einen thematischen Schwerpunkt erweitert: der Nationalsozialismus und die Menschen, die gegen ihn Widerstand leisteten. Grund dafür war ihre Auseinandersetzung mit dem Leben ihres Großvaters als Widerstandskämpfer im NS-Regime. Dazu erschien im Mai 2021 ihr Buch „Mein Opa, sein Widerstand gegen die Nazis und ich“. Darin schildert und verarbeitet sie das Leben ihres Großvaters, seine Verfolgung und Ermordung durch die Nationalsozialisten, aber auch, wie diese Geschichte in der Gegenwart nachwirkt. Als Frau unter vielen Männern im Sportstudio musste auch sie einige diskriminierende Erfahrungen machen, über die sie ebenfalls an diesem Abend berichtet und die ihr heute besonders bewusstwerden.
Das Zusammentreffen dieser drei verschiedenen Lebensrealitäten ergab eine spannende und sehr vielseitige Diskussion über die Themen Fußballkulturen, Diskriminierung und Widerstand. In diesem Zusammenhang haben alle drei auf unterschiedliche Weise Diskriminierung erfahren; Wege entwickelt, damit umzugehen und darüber zu berichten, anderen zu helfen und andere darauf aufmerksam zu machen, was geschieht. Dies hatte auch eine sehr eindrückliche Wirkung auf das Publikum. Im Anschluss an die Podiumsdiskussion fand auch zwischen den Besucher*innen ein reger Austausch über persönliche Erfahrungen zu diesem Thema, unter anderem in der Mainzer Fankultur statt. Die Atmosphäre war vertraut und man war sich einig: Ob es um das Erstarken rechtsradikaler Parteien oder um rassistische Pöbeleien im Stadion geht, gemeinsames Engagement für mehr Akzeptanz und Toleranz ist auch heute wichtig. Denn wie es Hespers auf ihrer Homepage schreibt: „[…] die dunklen Schatten des NS-Regimes wirken nicht nur auf einer individuellen Ebene. Sie wirken auch gesellschaftlich bis heute. Wo sie zum Leben erweckt werden, herrschen wieder Ausgrenzung, Hass und Gewalt.“
Organisiert wurde die Veranstaltung in Kooperation mit FC Ente Bagdad, der Akademie des Bistums Mainz Erbacher Hof, dem Frauenbüro der Stadt Mainz, dem 1.FSV Mainz 05, den Fans von Mainz 05 und dem Landessportbund RLP. An dieser Stelle auch vielen Dank an Mara Pfeiffer für die Moderation und Organisation. Unser Dank richtet sich zudem an alle Beteiligten, die dabei waren und diesen Abend ermöglicht haben.