Am 19. April fand ein weiterer Vortrag in der Reihe zum Jubiläumsjahr „175 Jahre Märzrevolution 1848-2023 – Rheinhessen und Pfalz“ statt. Es handelte sich um einen Vortrag von Hans Berkessel zu Ludwig Kalisch und einer Lesung von verschiedenen seiner Texte durch Gaby Reichardt. Ludwig Kalisch (1814–1882) war einer der bedeutendsten Vertreter des literarisch-politischen Mainzer Karnevals. In Lissa (Polen) im jüdischen Stetl geboren, übersiedelte er später nach Frankfurt am Main, wo er Medizin, Sprach- und Literaturwissenschaft studierte. 1843 übernahm er in Mainz die Redaktion der Karnevalszeitschrift Narrhalla, deren liberal-demokratischen Charakter er mit seinen politisch-satirischen Beiträgen prägte. Er beteiligte sich 1848 an der Gründung des „Demokratischen Vereins“ und schloss sich nach dem Scheitern des Paulskirchen-Parlaments den Aufständischen in der Pfalz an. Im Zweibrücker Hochverratsprozess (1851) wurde er in Abwesenheit zum Tode verurteilt und emigrierte nach Frankreich, wo er wie Heinrich Heine im Pariser Exil starb.
In Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, dem Verein für Sozialgeschichte Mainz e. V. und dem Förderverein Mainzer Fastnachtsmuseum e. V. erhielt die Veranstaltung im großen Saal der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz einen würdigen Rahmen. Der Abend begann mit einem stellvertretend für alle Veranstaltenden gehaltenen Grußwort des ehemaligen Mainzer Kultur- und Schuldezernenten Peter Krawietz. Leider konnte Herr Berkessel seinen Vortrag nicht persönlich halten, sodass unsere Referentin für Kommunikation und Pädagogik Franziska Hendrich diesen übernahm. Dieser beschäftigte sich mit den verschiedenen Lebensstationen Kalischs, beginnend mit seiner Kindheit und den Wanderjahren, die ihn von Polen nach Deutschland brachten. Anschließend wurde sein Aufenthalt und nachhaltiges Wirken in Mainz als Sprachlehrer, Schriftsteller und Redakteur thematisiert und ein spezielles Augenmerk auf seine Verbindung zur Narrhalla gelegt. Aber auch sein politisches Wirken als politischer Leitartikler, Demokrat und Revolutionär und seine Einsätze für die Demokratie wurden hervorgehoben. Zum Schluss wurde auf seine Vertreibung, die letzten Jahre im Exil und Treffen mit Heinrich Heine eingegangen. Hier können sie den ganzen Vortrag einsehen.
Gaby Reichardt gab seinen Texten auf ihre unvergleichliche Art neues Leben. Sie las aus der Narrhalla vor, wobei den rund 35 Teilnehmenden gerade die politische Satire und behandelten Themen sehr aktuell vorkam. Auch der Auszug aus dem Buch Pariser Leben über die Unterhaltungen mit Heinrich Heine gaben ein eindrucksvolles Bild wieder und regten zum Nachdenken an. Die verschiedenen satirischen Portraits zeitgenössischer Politiker und besonders das sehr harte Urteil über den Turnvater Jahn sorgten für viel Lachen. Der krönende Abschluss bestand aus Der deutsche Magen und die deutsche Freiheit aus der Narrhalla und entließ das Publikum nachdenklich, aber erheitert. Anschließend wurde sich viel über die Aktualität seiner Texte bei einem kleinen Umtrunk ausgetauscht. Vielen Dank an alle Kooperationspartner*innen und vor allem Gaby Reichardt für diesen gelungenen Abend.