Podiumsdiskussion „Zukunft der Erinnerungskultur“


© Sabrina Wanninger

Am 18. März war die Leiterin unseres Hauses, Dr. Cornelia Dold, in die Bayerische Akademie der Wissenschaften eingeladen worden, um dort auf einem Podium zum Thema „Zukunft der Erinnerungskultur“ mitzudiskutieren. Die Veranstaltung fand im Rahmen des vom Bayerischen Rundfunk groß angelegten Projektes „Die Rückkehr der Namen“ statt. Mit diesem Projekt will der BR an 1.000 Müncher*innen erinnern, die während des NS-Regimes ausgegrenzt, verfolgt und ermordet wurden und ihnen so wieder einen Namen und ein Gesicht geben.

Heute können nur noch wenige Überlebende des Nationalsozialismus persönlich von ihren Erlebnissen berichten. Es stellt sich daher die Frage, wie die Erinnerungskultur in Zukunft aussehen kann, wenn es keine persönlichen Begegnungen mit Zeitzeug*innen mehr geben kann. Wie muss eine Erinnerungskultur aussehen, die die unterschiedlichen Perspektiven unserer pluralistischen Gesellschaft in den Blick nimmt? Über diese Frage sprach Andreas Bönte, Programmbereichsleiter des Bayerischen Rundfunks, mit Ariella Chmiel, Ernst Grube, Dr. Jörg Skriebeleit und Dr. Cornelia Dold. Die Podiumsdiskussion, die vom Bayerischen Rundfunk aufgezeichnet wurde, wurde am 9. April bei ARD alpha ausgestrahlt und ist fortan auch in der Mediathek abrufbar.



Ernst Grube, 1932 in München geboren, wurde von den Nationalsozialisten verfolgt und nach Theresienstadt deportiert. Er ist Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten und berichtet auch heute noch von seinen Erlebnissen. In der Diskussion war es ihm vor allem ein Anliegen, dass sich die Erinnerungskultur erweitert, nämlich um den Blick in die Gegenwart. Die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten müsse dazu genutzt werden, um auf heutige Ausgrenzungsmechanismen, auf Antisemitismus und Rassismus hinzuweisen und Menschen zu ermutigen nicht wegzusehen, sondern Zivilcourage zu zeigen.

Ariella Chmiel, Geschäftsführerin der Literaturhandlung München, einer auf Literatur zum Judentum spezialisierten Buchhandlung, brachte vor allem die Perspektive junger Jüdinnen*Juden mit in die Diskussion ein. Diese habe sich vor allem seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 jedoch sehr verändert. Bis zu diesem Tage habe ihre Generation die Sorge ihrer Eltern oder Großeltern, dass man stets auf „gepackten Koffern“ sitzen müsse, nicht geteilt. Doch nun sei die Frage „Wohin können wir gehen, wenn wir auch in Israel nicht mehr sicher sind?“ auch für junge deutsche Jüdinnen*Juden sehr präsent.

Dr. Jörg Skriebeleit, Leiter der Gedenkstätte Flossenbürg und Gründungsdirektor des Zentrums Erinnerungskultur der Universität Regensburg, und unsere Leiterin schilderten vor allem ihre Erfahrungen aus der praktischen Arbeit am außerschulischen Lernort. Darin, dass eine quellenbasierte Arbeit Bestandteil der heutigen Erinnerungskultur sein müsse und dass biografische und regionale Zugänge genutzt werden müssen, waren sie sich sehr einig.

Nach einer Stunde intensiven Austauschs unter den Podiumsgästen, stellte auch das Publikum noch zahlreiche Fragen. Die lebendige Diskussion über die Zukunft der Erinnerungskultur wurde bei einem informellen Ausklang fortgesetzt.

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