Im Gespräch mit … Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig


Dr. Stefanie Hubig ist seit 2016 rheinland-pfälzische Bildungsministerin und bekam im Januar 2020 für ein Jahr die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz übertragen. Mit ihr sprachen wir unter anderem über die besonderen Herausforderungen für unser Bildungssystem, aber auch über die Bedeutung einer lebendigen Erinnerungsarbeit und Demokratiebildung.


Interview: Hans Berkessel | Februar 2021

Zur Person
Seit 2016 ist Dr. Stefanie Hubig rheinland-pfälzische Ministerin für Bildung und in dieser Funktion verantwortlich für die Schulen und Kitas im Land. Im Januar 2020 wurde Hubig außerdem turnusgemäß die Präsidentschaft der Kulturministerkonferenz (KMK) für ein Jahr übertragen. 

Foto: © Peter Bajer


Frau Ministerin, nun liegt ein Jahr Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz hinter Ihnen, eine Zeit, die durch die Corona-Pandemie von besonderen Schwierigkeiten und Herausforderungen geprägt war. Wenn Sie heute Bilanz ziehen: Was konnte aus Ihrer Sicht erreicht werden? Welche Probleme und Themen stehen weiterhin auf der Agenda?

Als ich die KMK-Präsidentschaft im Januar vergangenen Jahres angetreten habe, habe ich nicht erwartet, bei einer Pressekonferenz im März zu verkünden, dass wegen der Corona-Pandemie deutschlandweit alle Schulen geschlossen werden sollen. Das war keine leichte Entscheidung, und auch die darauffolgenden Monate brachten teilweise schwierige Entscheidungen mit sich. Es ging darum, wie das Recht auf Bildung gewährleistet und damit abgewendet werden kann, dass es zu einer neuen Schieflage bei der Bildungsgerechtigkeit kommt. Das sind Fragen, mit denen wir uns heute, morgen und auch übermorgen noch befassen müssen. Das Virus wird irgendwann unter Kontrolle sein, aber auch die Schulschließungen machen etwas mit den Kindern und Jugendlichen. Darum müssen wir uns kümmern. Deshalb habe ich mich immer für möglichst viel Präsenzunterricht stark gemacht. Aber wenngleich Corona die bildungspolitische Debatte bestimmte, haben wir auf KMK-Ebene auch an anderen Baustellen gearbeitet – etwa der Vergleichbarkeit der Bildungssysteme in den Ländern – und das sehr erfolgreich. Wir haben nach jahrelangen Verhandlungen eine Vereinbarung für mehr Transparenz, Einheitlichkeit und Qualität im Bildungswesen abgeschlossen und eine Kommission gegründet, die künftig die KMK wissenschaftlich berät. Damit haben wir maßgebliche Weichen für die Bildungspolitik der nächsten Jahre, wahrscheinlich sogar der nächsten Jahrzehnte gestellt.



In Ihrer Regierungserklärung „Demokratie macht Schule: Rheinland-Pfalz stärkt Demokratiebildung, Erinnerungskultur und europäisches Miteinander“ vor gut zwei Jahren haben Sie der Erinnerungskultur und Demokratiebildung eine zentrale Rolle zugewiesen. Welche substanziellen Fortschritte konnten hier inzwischen gemacht werden? Mit welchen Maßnahmen wollen Sie sicherstellen, dass die Bedeutung dieser zentralen Eckpunkte auch im schulischen Alltag vieler Schulen im konkreten Handeln sichtbar wird?

Das Demokratielernen ist für mich neben Lesen, Schreiben, Rechnen und der digitalen Bildung eine Kernkompetenz, die die Schule jungen Menschen für eine gute Zukunft mitgeben muss. Wir waren hier in Rheinland-Pfalz bereits gut aufgestellt und sind in den vergangenen Jahren weitere wichtige Schritte gegangen. Der Rolle der Lehrkraft kommt dabei eine hervorgehobene Bedeutung zu. Um Schulen und Lehrkräfte bei ihrer wichtigen Aufgabe noch besser inspirieren, beraten und unterstützen zu können, wurden deshalb am Pädagogischen Landesinstitut die Koordinierungsstelle für schulische Demokratiebildung und die Koordinierungsstelle für Gedenkarbeit und Zeitzeugenbegegnungen eingerichtet. Zu Beginn des vergangenen Jahres haben wir mit einer neuen Richtlinie die finanzielle Förderung von Schulfahrten zu Gedenkstätten, Kooperationsprojekten der Gedenkarbeit oder Veranstaltungen mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen erweitert. Denn Demokratielernen braucht auch außerschulische Lernorte und Begegnungen. Ein unverzichtbares Forum bleibt für uns außerdem der rheinland-pfälzische Demokratietag, der im November 2020 erstmals rein digital stattfand. Mit der Überarbeitung des Lehrplans der Sekundarstufe I für die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer wollen wir künftig sicherstellen, dass zudem jede weiterführende Schule einen eigenen Demokratietag bekommt. Wir wissen, dass es an unseren Schulen hier bereits ganz viel Engagement und gute Ideen gibt – das wollen wir bestärken.




Erste Studien sowie Rückmeldungen aus der Praxis zeigen, dass die Corona-Pandemie durch die Einschränkungen beim Präsenzunterricht nicht nur Folgen für den Kompetenz- und Wissenserwerb und die damit verbundenen Bildungsabschlüsse hat, sondern dass sich insbesondere die herkunftsbedingten Ungerechtigkeiten unseres Bildungssystems verschärfen. Welche Antworten hat die Bildungspolitik auf diese Herausforderung?

Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir haben in den vergangenen Jahren vieles erreicht für mehr Gerechtigkeit, Durchlässigkeit und Chancen in der Bildung: durch die umfassende Gebührenfreiheit, mit Konzepten zur individuellen Förderung, durch den Ganztagsausbau, durch zusätzliches Personal und Mittel – etwa für die Schulsozialarbeit. Vor der Pandemie wurde uns in Rheinland-Pfalz bescheinigt, dass in keinem anderen Bundesland der Bildungserfolg weniger von der Herkunft bestimmt ist. Daran müssen wir weiter arbeiten. Uns ist bewusst, dass manche Kinder und Jugendliche durch die Schulschließungen besonders von einer Bildungsbenachteiligung bedroht sind. Das kann aus einer wenig lernförderlichen Umgebung zuhause resultieren, aus fehlender Anleitung und Unterstützung durch das Umfeld, durch fehlende technische Möglichkeiten – in allen diesen Punkten haben wir im vergangenen Jahr früh gegengesteuert und bleiben an diesem zentralen Thema dran, denn Kinder dürfen nicht zu den Verlierern dieser Krise werden.

Wir haben etwa bei der Digitalisierung ordentlich nachgelegt und haben eine Sommer- und eine Herbstschule organisiert, in denen Kinder und Jugendliche Rückstände in Deutsch und Mathematik aufholen konnten. Um zusätzliche Vertretungsbedarfe, die sich aus der Krise ergeben, zu kompensieren, wurden zusätzlich knapp 50 Millionen Euro für schulisches Personal bereitgestellt. Etwa 700 Stellen können damit finanziert werden. Außerdem haben wir in Rheinland-Pfalz ein breites Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, um Kinder und Jugendliche gezielt zu stärken. Wir wollen mehr und neue Fördermöglichkeiten, insbesondere im Rahmen des schulischen Ganztags und bauen das Programms „Starke Schulen, Schule stärken“ aus, bei dem Schulen in herausfordernder Lage unterstützt werden. Auch das Programm „Keiner ohne Abschluss“ ist ein wichtiger Baustein. Gemeinsam mit den Volkshochschulen werden wir bereits ab dem Frühjahr Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen am Nachmittag in Deutsch und Mathematik unterstützen und weiten zudem die Feriensprachkurse für Schülerinnen und Schüler mit Deutschförderbedarf aus. Damit wir noch passgenauer auf die individuellen Unterstützungsbedarfe der Kinder und Jugendlichen eingehen können, werden wir zusätzliche Angebote für spezielle Zielgruppen machen, beispielsweise für Schülerinnen und Schüler aus sozial benachteiligten Haushalten oder mit Migrationshintergrund. Dabei arbeiten wir zusammen mit Haydee!, einem Verein, der ehrenamtliche Nachhilfelehrerinnen und -lehrer als Lernpaten mit unterstützungsbedürftigen Kindern digital verknüpft. Dazu kommt die bereits etablierte Kooperation mit Corona School e. V., die Studierende mit Schülerinnen und Schülern zur Nachhilfe vernetzt.



Soweit Unterricht zurzeit überhaupt als Wechselunterricht oder „homeschooling“ stattfinden kann, bewirken Abstands- und Hygiene-Regeln didaktisch-methodisch eher einen Rollback zum Frontalunterricht, da Gruppen-, Projekt- und andere Formen eines offenen Unterrichts in der Regel nicht mehr durchgeführt werden können. Wie wollen Sie diesem Verlust an Partizipation und interaktivem Lernen begegnen, um langfristigen Folgen für eine demokratische Lernkultur entgegenzuwirken?

Da muss man genau hinschauen und kann nicht pauschalieren. Kollaboratives Lernen, Lernen in Projekten und individualisiertes Lernen in eigenem Tempo können mithilfe digitaler Tools im Distanzunterricht sehr gut umgesetzt werden. Partizipation und interaktives Lernen müssen nicht zwangsläufig auf der Strecke bleiben – es kommt aber darauf an, dass und wie dieser Lernprozess gesteuert wird. Es bieten sich also auch Chancen. Und all diese Erfahrungen wollen wir für die Zeit nach der Pandemie mitnehmen und Unterrichtskonzepte und Schulorganisation entsprechend weiterentwickeln. Aber ohne den persönlichen Kontakt vor Ort geht ohne Frage auch viel verloren. Dazu kommt, dass Schülerinnen und Schüler zu Hause sehr unterschiedliche Lern- und Arbeitsbedingungen vorfinden. Gerade deshalb war und ist es mir ja so wichtig, möglichst schnell wieder zu möglichst viel Präsenz zurückzufinden. Ich wünsche mir außerdem, dass alle an Schule Beteiligten noch viel mehr die positiven Seiten der persönlichen Begegnungen zu schätzen wissen und gleichzeitig die Chancen der Digitalisierung weiter nutzen. Wenn das gelingt, kann die demokratische Lernkultur gewinnen statt verlieren.




Zu den Hauptkritikpunkten an der gegenwärtigen Situation an Schulen gehören die immer wieder beklagten Defizite hinsichtlich technischer Ausstattung (Endgeräte, WLAN, Lernplattformen…) und der didaktisch-methodischen Vorbereitung der Lehrkräfte auf den digitalen Fernunterricht, wie zuletzt eine repräsentative Umfrage des „Deutschen Schulbarometers“ ergeben hat. Wurde die Zeit seit der ersten Pandemie-Welle im Frühjahr 2020 nicht ausreichend genutzt? Mit welchen Maßnahmen soll hier eine Verbesserung erreicht werden?

Man kann in einem Jahr nicht umsetzen, wofür man ohne Pandemie fünf Jahre gebraucht hätte. Aber Corona hat bei der digitalen Bildung sicherlich als Beschleuniger gewirkt. Es ist seit dem ersten Lockdown viel passiert, bei der Ausstattung – über 90.000 Tablets und Laptops wurden beschafft – mit zusätzlichen Mitteln für die Administration, mit einer datenschutzkonformen Videokonferenzlösung, einem enormen Aufwuchs bei der Serverleistung, und auch bei der Lehrerfortbildung haben wir in Rheinland-Pfalz vorgelegt mit neuen und zusätzlichen Angeboten. Denn – das ist ganz wichtig – Corona hat die Einstellung zur Digitalisierung bei vielen im Schulbetrieb geändert. Da, wo vorher Bedenken in den Kollegien waren, ist jetzt vielerorts mehr Offenheit und ein Fokus auf den Chancen. Wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen und wo wir hin müssen, aber wir holen schnell auf.



Ein weiterer Kritikpunkt aus Lehrer*innen- und Schulleitungssicht sind mangelnde Sicherheitsmaßnahmen für die Gesundheit der Lehrkräfte und der Schüler*innen. Warum wurde nicht mehr z. B. in zusätzliche Lüftungsanlagen, FFP2-Masken oder mehr Personal zur Schaffung kleinerer Lerngruppen investiert? Warum wurden die Lehrkräfte bei der Impfung nicht ähnlich wie Klinik- und Pflegepersonal vorrangig berücksichtigt?

Alleine für zusätzliches Vertretungspersonal im Zuge der Corona-Pandemie hat das Land fast 50 Millionen Euro bereitgestellt. Alle Lehrkräfte können sich kostenlos und anlasslos testen lassen, wenn sie das für nötig halten. Für mobile Lüftungsanlagen haben wir in Rheinland-Pfalz – übrigens als eines von wenigen Bundesländern – einen Fördertopf mit noch einmal 6 Millionen Euro ermöglicht. Und selbstverständlich wurden die Schulen mit Masken versorgt: 500.000 FFP2-Masken, eine Million OP-Masken und zusätzliche Alltagsmasken für alle Lehrerinnen und Lehrer, die bei Bedarf nachgeliefert werden. Grundschulen sowie Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche und motorische Entwicklung haben zudem sogenannte Faceshields als zusätzlichen Schutz zur Maske bei sehr nahen Begegnungen erhalten. Beim Thema Gesundheitsschutz und Hygiene sind unsere Schulen sehr gut aufgestellt – Dr. Wolfgang Kohnen von der Unimedizin Mainz hat erst kürzlich gelobt, dass die Schulen die Hygieneregeln nicht nur engagiert, sondern vor allem erfolgreich umsetzen. Auch bei den Impfungen konnten wir erreichen, dass Erzieherinnen und Erzieher sowie Grund- und Förderschullehrkräfte priorisiert wurden, weil sie häufig sehr nah mit den Kindern arbeiten.




Die ohnehin schon vorhandenen Spaltungstendenzen in unserer Gesellschaft durch Hass und Hetze auf den Straßen und in den Online-Foren scheinen durch die sogenannten ‚Querdenker*innen‘, Pandemie-Leugner*innen und Anhänger*innen von Verschwörungsmythen noch verschärft zu werden. Welche Aufgaben und welche Mittel haben Ihres Erachtens Bildung und Schule um dem nachhaltig entgegenzuwirken?

Schule trägt hier eine große Verantwortung. Es geht darum, junge Menschen auf das Zusammenleben in einer offenen, pluralen Gesellschaft vorzubereiten. Es geht darum, Demokratie vorzuleben, erlebbar zu machen und Präventionsarbeit gegen Hass und Hetze zu leisten. Alle Schülerinnen und Schüler sollen Schule als einen Lebensraum erfahren, in dem sie ihre Gedanken, Fragen und Ängste äußern können und ernst genommen werden. In diesem Sinne können Kontroversen, die in der Gesellschaft geführt werden, in der Schule auch immer Anlässe zur Auseinandersetzung über die Werte und Grundpfeiler unseres Zusammenlebens sein. Schule kann und muss hier auch ein ganz klares Korrektiv sein zu den vielen Fake News, Verkürzungen, Verschwörungsmythen, die unsere Gesellschaft belasten. Nachhaltigkeit ist dabei ein wichtiges Stichwort, denn Hass und Hetze begegnet man nicht mit zwei Stunden Sozialkunde, und danach ist es gut: Das ist ein Prozess, ein ständiges sich Mühen, Diskutieren und Engagieren. Aber diese Mühe zahlt sich aus – in Freiheit, Frieden und Vielfalt.



Wie können erinnerungskulturelle Kompetenzen und Demokratiebildung bei möglichst vielen Schülerinnen und Schülern in Rheinland-Pfalz auf- und ausgebaut werden? Welche Rolle spielen dabei Gedenkstätten und Erinnerungsorte unserer Demokratiegeschichte?

Das außerschulische Erfahren und Erleben hat eine ganz wichtige Bedeutung. Um Geschichte, Demokratie, Erinnerungskultur begreifen zu können, hilft es ungemein, sich vor Ort damit auseinanderzusetzen. Hervorragende Anknüpfungspunkte hierfür bieten das Hambacher Schloss, das Museum für Stadtgeschichte in Landau, die Gedenkstätten – etwa in Hinzert oder Osthofen –, der Rittersturz in Koblenz, der Westwall, eine Spurensuche zur Mainzer Republik – unser Land ist voll von beeindruckenden Lern- und Erinnerungsorten. Entsprechende schulische Projekte werden vom Land gefördert. Nicht zu vergessen ist aber auch die jüngere Demokratiegeschichte: Wir arbeiten seit Jahren erfolgreich mit der „Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ zusammen, um Aspekte der friedlichen Revolution und der Selbstbefreiung der Ostdeutschen in Fortbildungen – beispielsweise auch im Rahmen einer Partnerschaft mit Sachsen – facettenreicher beleuchten zu können.



Eine Expertenkommission der „Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz“ (ZIRP) hat im Ergebnisbericht des dreijährigen Projekts „WIR 2030. Zusammenleben, Gerechtigkeit, Teilhabe“ für den Bereich Bildung gefordert: Das Bildungssystem solle flexibel und durchlässig sein, eine hohe Partizipation gewährleisten und einen niedrigschwelligen Zugang zu lebenslangem Lernen ermöglichen. Was sind Ihre Zukunftsvisionen eines leistungsstarken, gleichzeitig gerechten und partizipativen Bildungssystems?

Bildung muss unabhängig vom Einkommen und Herkunft für alle Kinder und Jugendliche möglich sein – das ist das Ziel, und auf dem Weg dorthin sind wir in Rheinland-Pfalz in den vergangenen Jahren große Schritte gegangen. In keinem anderen Bundesland hängt der Bildungserfolg weniger von der Herkunft ab, das ist ein schöner Erfolg. Unser Bildungssystem hält viele Wege offen und bietet Chancen. Aber es ist klar: Das ist noch nicht genug und deshalb arbeiten wir ständig weiter. Ein nach den aktuellen Erfahrungen naheliegendes und sehr konkretes Ziel ist die digitale Lernmittelfreiheit. Eine neue Lernkultur beinhaltet auch den Ausbau der Partizipation in allen Bereichen des Schullebens, dabei sind wir mit der Novellierung des Schulgesetzes vorangekommen. Außerdem wollen wir Kooperation nicht nur innerhalb der Schule, sondern auch regionale und überregionale Kontakte und Kooperationen mit außerschulischen Partnerinnen und Partnern. Das kann riesige Mehrwerte schaffen. Dazu gehört für mich der weitere Ausbau des Ganztagsangebotes in Rheinland-Pfalz, damit einfach mehr Zeit und pädagogische Spielräume bleiben.



Welche Maßnahmen erscheinen Ihnen geeignet und notwendig, um politische Teilhabe im Sinne des Demokratie-Lernens und -(er)Lebens in der Schule mit Verantwortungsübernahme und Selbstwirksamkeitserfahrungen fördern zu können?

Wir wollen, dass unsere Kinder aktive, engagierte und politisch denkende Menschen werden. Deshalb müssen wir die Basis dafür früh schaffen. Das fängt in der Kita an und setzt sich in der Schule fort. Unsere Schulen sind Orte der politischen Bildung, in denen Demokratie gelebt und als Wert erlebbar wird. Die Schülerinnen und Schüler lernen die Bedeutung unserer Demokratie kennen. Dabei spielt neben der historisch-politischen Bildung die aktive Partizipation in der Schulgemeinschaft, etwa durch Klassenräte, Jahrgangsstufenversammlungen und die Schüler*innenvertretung, eine wichtige Rolle. Deshalb haben wir mit der Schulgesetznovelle die Mitbestimmungsrechte der Schülerinnen und Schüler gestärkt, deshalb forcieren wir Unterstützungsmaßnahmen für Lehrkräfte, mehr Partizipation im gesamten Schulleben umzusetzen. Wenn Kinder und Jugendliche beteiligt werden und Verantwortung übernehmen dürfen, erfahren sie auf diesem Weg persönliche Wertschätzung und treten für etwas ein. Wir haben da viele ermutigende Beispiele im Land. Dennoch wollen und müssen wir erreichen, dass die Demokratieerziehung noch stärker verankert wird. Die Schulleitungen und die Schulverwaltung spielen dabei eine zentrale Rolle, was beispielsweise in unserem Orientierungsrahmen Schulqualität zum Ausdruck kommt – ein wichtiges Instrument für die Weiterentwicklung der Schulen.


Welche Bedeutung hat für Sie die Medienkompetenz der jungen Menschen zur Sicherung unserer Demokratie und einer offenen vielfältigen Gesellschaft im Blick auf z. B. hate speech, fake news, darknet, social bots usw.? Welche Möglichkeiten zur Unterstützung der Schulen und Kollegien sehen Sie hier?

Meinungsbildung, politische Entscheidungsfindung, Partizipation finden zu großen Teilen über Medien und gerade bei Jugendlichen über social media statt, insofern ist Demokratiebildung notwendigerweise immer auch Medienbildung. Der kompetente Umgang mit der medialen Vielfalt – analog und digital – ist für die Demokratie essentiell. Medienbildung ist deshalb als Querschnittsthema Aufgabe der gesamten Schulbildung – wie die Demokratiebildung auch –, andererseits aber ein besonderes Thema für die Präventionsarbeit, für die Demokratiepädagogik und für die politische Bildung in der Schule. In Rheinland-Pfalz setzen wir ja schon lange und erfolgreich auf diese Förderung im Landesprogramm „Medienkompetenz macht Schule“. Dazu gehören Fortbildungen – etwa zum Jugendmedienschutz. An mehr als 200 weiterführenden Schulen in Rheinland-Pfalz werden ebenso Schülerinnen und Schüler zu Medienscouts qualifiziert, die schulinterne Maßnahmen und Kooperationen im Rahmen regionaler Medienkompetenznetzwerke anregen. Seit vergangenem Jahr gibt es außerdem die landesweite Woche der Medienkompetenz. Besonders wichtig ist es, die Expertinnen und Experten und die Praktikerinnen und Praktiker aus den Bereichen Demokratiebildung, Gewaltprävention und Medienbildung zu vernetzen, dazu haben wir in den letzten Jahren Initiativen für den schulischen Bereich verstärkt. Das Bündnis „Demokratie gewinnt!“ unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsidentin Malu Dreyer bietet für die Vernetzung des Knowhows hier einen hervorragenden Rahmen.

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