Die Weiße Rose



Studentische Widerstandsgruppe gegen das NS-Regime

Hans und Sophie Scholl mit Christoph Probst (v.l.n.r.)



Foto: © George (Jürgen) Wittenstein / akg-images


Widerstand im Nationalsozialismus

Zwischen 1933 und 1945 lehnten sich in Deutschland verschiedenste Gruppen gegen das nationalsozialistische Regime auf. Die Arten des Widerstandes unterschieden sich dabei stark und gingen vom nicht Anpassen an das Regime z.B. durch die Verweigerung des Hitlergrußes, über die Unterstützung von Verfolgten bis hin zu Attentaten und Umsturzversuchen. Dabei waren die Widerständler*innen teilweise alleine oder in Gruppen organisiert. Auch die soziale und politische Herkunft unterschied sich stark.

Unmittelbar nach der ‚Machtübernahme‘ 1933 waren es vor allem Kommunist*innen und Sozialdemokrat*innen, die sich gegen das Regime auflehnten. Ihre Parteien waren gerade erst verboten worden, was sie in die außerparlamentarische Oppositionsarbeit zwang. Daher verfassten sie Klebezettel, Flugschriften sowie Wandparolen und unterstützten andere rassistisch oder politisch Verfolgte. Falls sie bei ihren Aktionen erwischt wurden, waren sie oftmals Misshandlungen, Haft im Konzentrationslager oder sogar einer möglichen Hinrichtung ausgesetzt.

Eine bereits 1933 in Berlin gegründete Gruppe war die „Rote Kapelle“, die zu Beginn aus einem kleineren Freundeskreis bestand. 1939 schlossen sich dann die Gruppen von Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen zusammen und vergrößerten die „Rote Kapelle“. Die Mitglieder, die aus verschiedenen Teilen der Gesellschaft kamen, engagierten sich für politisch Verfolgte und ausländische Zwangsarbeiter*innen und führte Flugblattaktionen durch. Bei der Kontaktaufnahme mit dem sowjetischen Nachrichtendienst, dem sie Informationen zukommen lassen wollte, flog die Gruppe 1942 auf. Infolgedessen wurde etwa die Hälfte der Mitglieder hingerichtet.

Eine weitere bürgerliche Widerstandsgruppe führte der ehemalige Leipziger Oberbürgermeister Carl Goerdeler an. Sein national-konservativer „Honoratiorenzirkel“ schmiedete genauso wie der „Kreisauer Kreis“ um Helmuth James Graf von Moltke an einem Plan für Deutschland nach der nationalsozialistischen Herrschaft. Dabei waren sich die verschiedenen Gruppen in vielen Punkten uneinig, was aber die Widerstandskämpfer verband, war das Ziel eines schnellen Friedens und die Wiederherstellung des Rechtsstaates.

Auf militärischer Seite erhob sich zunächst noch kein Widerstand, da man die starke Aufrüstungspolitik der Nationalsozialisten begrüßte. Erst nachdem Hitler den Kriegsminister und den Oberbefehlshaber des Heeres 1938 austauschte, gab es die ersten kritischeren Stimmen. Nachdem der Generalstabschef Ludwig Beck im August 1938 zurücktrat, formte er einen kleinen Kreis von oppositionellen Offizieren um sich. Diese Gruppe plante einen Staatsstreich, doch nachdem Hitler sich ohne Krieg in der Sudetenkriese durchsetzen konnte und das Vertrauen der Bevölkerung genoss, wurden die Pläne zunächst wieder überworfen. Rückenwind bekam die militärische Opposition jedoch wenig später, als der Angriffskrieg gegen die Sowjetunion 1941 begann. Eine neue Gruppe um General Friedrich Olbricht plante ab 1942 unter dem Decknamen „Walküre“ einen Staatsstreich und die Ermordung Hitlers. Doch erst als Claus Schenk Graf von Stauffenberg im Oktober 1943 zu der Gruppe stieß, wurden die Pläne konkreter. Am 20. Juli 1944 fand schließlich das Attentat im Führerhauptquartier statt, wobei Hitler jedoch nur leicht verletzt wurde. Daraufhin wurden tausende Regimegegner*innen verhaftet. Generell wurden in den letzten Jahren des NS-Regimes die Verfolgung und der Umgang mit politischen Gegner*innen und Widerständler*innen immer brutaler und grausamer.

Zudem regte sich auch von kirchlicher Seite sowohl katholischer als auch evangelischer Widerstand. Die wohl bekanntesten Beispiele sind hier der Bischof von Münster Clemens August Graf von Galen, der es durch seine in ganz Deutschland verbreitete Predigt gegen die ‚Euthanasie‘ von ‚unheilbar Kranken‘ schaffte, diese systematischen Morde – zumindest für einige Zeit und im Rahmen der sogenannten ‚Aktion T4‘ – zu beenden. Auf evangelischer Seite formte sich die „Bekennende Kirche“, die sich gegen Konzentrationslager und den Gestapo-Terror aussprach.

Auch in universitären Kreisen gab es Widerstandsgruppen. Die bekannteste unter ihnen war die „Weiße Rose“ um die Geschwister Scholl, die 1943 bei einer Flugblattaktion aufflog. Neben den organisierten Gruppen gab es zahlreiche Einzelkämpfer*innen. Das Spektrum ist auch hier breit gefächert und streckt sich von Oskar Schindler, der als Fabrikbesitzer im besetzten Polen über 1.000 Zwangsarbeiter*innen das Leben rettete, über Soldaten, die desertierten, bis hin zu Georg Elsner, dessen Sprengstoffattentat 1939 auf Hitler scheiterte. Zudem versuchten auch unterschiedliche Personen aus dem Exil Informationen nach Deutschland zu bringen, die nicht von der nationalsozialistischen Propaganda beeinflusst waren. Unter ihnen waren beispielsweise Willy Brandt oder Thomas Mann. Wenig weiß man über die zahlreichen „unbesungenen Helden“, die Nachbarn Schutz boten, Verfolgte mit Lebensmitteln versorgten und in alltäglichen Situationen halfen.

Insgesamt gab es zwar eine große Vielfalt an verschiedenen Widerstandskämpfer*nnen, doch letztlich war ein Großteil der Deutschen Parteimitglied, Sympathisant*in oder hatte zu viel Angst vor den oft tödlichen Konsequenzen auflehnenden Verhaltens. Es war die absolute Minderheit der Deutschen, die Widerstand gegen das NS-Regime leistete.


In den Jahren 1942 und 1943 verbreitete die Münchner Gruppe „Weiße Rose“ sechs unterschiedliche Flugblätter gegen das NS-Regime. Den inneren Kern der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ bildeten fünf Student*innen sowie ein Professor:

  • Sophie Scholl: 9. Mai 1921–22. Februar 1943
  • Hans Scholl: 22. September 1918–22. Februar 1943
  • Alexander Schmorell: 16. September 1917–13. Juli 1943
  • Christoph Probst: 6. November 1919–22. Februar 1943
  • Willi Graf: 2. Januar 1918–12. Oktober 1943
  • Kurt Huber: 24. Oktober 1893–13. Juli 1943

Die ersten vier Flugblätter verteilten sie im Jahr 1942 mit einer Auflage von etwa 100 Exemplaren. Sie gelangten vor allem an einen kleinen und bekannten Kreis von Adressat*innen in München und der näheren Umgebung. Diese ersten Flugblätter wurden von Hans Scholl und Alexander Schmorell verfasst; ab wann genau Sophie Scholl Mitglied der Gruppe wurde, ist leider nicht bekannt. In diesen Flugblättern wandte sich die Widerstandsgruppe vor allem an das gebildete, akademische Bürgertum, das man mithilfe zahlreicher Zitate aus der klassischen Literatur zum passiven Widerstand bewegen wollte.

Im Januar 1943 entstand das fünfte Flugblatt, das dann mit einer Auflage von 6.000 bis 9.000 Exemplaren verteilt wurde, nicht mehr nur in München, sondern auch in weiteren süddeutschen Städten sowie in Österreich. Der Inhalt dieses Flugblattes unterscheidet sich von dem der ersten. So verwies die Gruppe im Jahr 1943 auf die aussichtslose Kriegsführung des Deutschen Reichs, und dies in politisch präziser Sprache. Ebenso wandte man sich vom Gedanken des passiven Widerstands ab und rief vielmehr zum aktiven Widerstand gegen das NS-Regime auf. Zudem beschränkte sich die „Weiße Rose“ nicht mehr nur auf das gebildete Bürgertum, sondern wollte nun die ‚breite Masse‘ mobilisieren, was auch der Titel des Flugblatts „Flugblätter der Widerstandsbewegung in Deutschland. Aufruf an alle Deutsche!“ zeigt.

Ab Februar 1943 unternahmen die Mitglieder der Widerstandsgruppe dazu noch nächtliche Aktionen, bei denen sie Gebäude mit Parolen wie „Nieder mit Hitler!“ und „Freiheit!“ beschrifteten. In diesem Monat entstand auch das sechste und letzte Flugblatt der „Weißen Rose“. In diesem Flugblatt wandte sich die Gruppe vorrangig an die Studierendenschaft, die man mit Blick auf die Schlacht um Stalingrad zur Abkehr und zur Befreiung vom nationalsozialistischen Regime aufforderte. Am 18. Februar 1943 verteilten die Geschwister Scholl in der Münchner Universität dieses Flugblatt. Als sie einen Teil der Flugblätter in den Lichthof der Universität warfen, wurden sie vom Hausmeister Schmid beobachtet und festgehalten, bis sie letztlich durch die Geheime Staatspolizei verhaftet wurden.

Nur vier Tage später wurden Hans und Sophie Scholl gemeinsam mit Christoph Probst vom Volksgerichtshof unter Roland Freisler zum Tode verurteilt und noch am selben Tag hingerichtet. In einem weiteren Prozess wurden Willi Graf, Alexander Schmorell und Kurt Huber am 19. April 1943 ebenfalls zum Tode verurteilt. Schmorell und Huber wurden am 13. Juli 1943, Graf am 12. Oktober dieses Jahres hingerichtet.
Bis Mitte Oktober 1944 fanden noch weitere Prozesse gegen Unterstützer*innen der Widerstandsgruppe statt, bei denen Freiheitsstrafen mit bis zu zwölf Jahren ausgesprochen wurden.

Heute erinnern vor dem Eingang zur Münchner Universität in den Boden eingelassene steinerne Flugblätter an den Widerstand der Gruppe „Weiße Rose“. Zudem wurden die Plätze vor dem Universitätsgebäude nach den Geschwistern Scholl und dem Professoren Huber benannt. Innerhalb der Universität erinnern eine steinerne weiße Rose sowie ein Relief mit dem Bild der Mitglieder der Weißen Rose sowie deren eingemeißelten Namen an die Widerstandsgruppe. Seit 1997 befindet sich im Lichthof der Universität zudem eine vom Verein „Weiße Rose Stiftung e. V.“ errichtete „DenkStätte Weiße Rose“, in der in einer Dauerausstellung die Geschichte der Widerstandsgruppe präsentiert wird.

Doch auch in vielen weiteren Städten wird unter anderem durch Namensgebungen von Schulen, Plätzen oder Straßen der Widerstandsgruppe und ganz besonders den Geschwistern Scholl gedacht. So gibt es auch in Mainz eine Geschwister-Scholl-Straße sowie die Berufsbildende Schule, die den Namen Sophie Scholls trägt.


Literaturhinweise:

Asmuss, Burkhard/ Scriba, Arnulf: Widerstand im Nationalsozialismus, Lebendiges Museum Online, URL: <https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/widerstand-im-nationalsozialismus.html> [aufgerufen am 06.04.2022].

Benz, Wolfgang: Die Weiße Rose. 100 Seiten, Ditzingen 2017.

Moll, Christiane: Die Weiße Rose, in: Steinbach, Peter/ Tuchel, Johannes (Hrsg.): Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Berlin 1994, S. 443–467.

Schulz, Kirsten: Studentischer Widerstand: „Die Weiße Rose“, in: Dossier. Sophie Scholl und die „Weiße Rose“, URL: <https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/weisse-rose/60945/studentischer-widerstand> [aufgerufen am 06.05.2021].

Struck, Bernhard: Die „Weiße Rose“, in: LeMo-Biografien, Lebendiges Museum Online, URL: <https://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/widerstand-im-zweiten-weltkrieg/die-weisse-rose.html> [aufgerufen am 06.05.2021].

Vogel, Thomas: Widerstand gegen den Nationalsozialismus, URL: <https://www.bpb.de/themen/nationalsozialismus-zweiter-weltkrieg/der-zweite-weltkrieg/199412/widerstand-gegen-den-nationalsozialismus/> [aufgerufen am 06.04.2022].

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