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Anna Seghers und der Georg-Büchner-Preis 1947
14. Juni 2022, 19:00 - 20:30
„… eine späte Anerkennung für das große dichterische Schaffen …“
Anna Seghers und der Georg-Büchner-Preis 1947
Vortrag und Lesung mit Hans-Willi Ohl und Christina Schreiber
Die Schriftstellerin Anna Seghers wurde am 19. November 1900 unter dem Namen Netty Reiling in Mainz geboren. Als Jüdin und Kommunistin war sie gezwungen, 1933 mit ihrem Mann Laszlo Radvanyi und den beiden Kindern Peter und Ruth Deutschland verlassen. Von 1933 bis 1941 lebte die Familie in Frankreich, musste dann nach dem Einmarsch der deutschen Truppen wieder fliehen und gelangte nach Mexiko. Erst im April 1947 kehrte Anna Seghers nach Berlin zurück. Sie wollte dort leben, wo die Menschen ihre Sprache verstehen und ihre Bücher lesen können. Doch zunächst erlebte sie ein zerstörtes Land und viele Landsleute, die ihren Anteil an dem, was geschehen war, nicht wahrhaben wollten. Sie sah Hunger und Verwahrlosung, empfand Fremdheit und Kälte. Desillusioniert schrieb sie, „im Volk der kalten Herzen” sei sie in eine „Eiszeit” geraten.
Doch es gab einen Lichtblick: Im Juli des gleichen Jahres erhielt sie vor allem für ihren 1942 erschienenen Roman Das siebte Kreuz den Georg-Büchner-Preis. Die Stadt Darmstadt und der Darmstädter Regierungspräsident Ludwig Bergstraesser begründeten ihre Entscheidung damit, sie habe „in einer heimatlosen Zeit mit hohem persönlichen Verantwortungsbewußtsein ihre dichterische, politische und frauliche Berufung erfüllt”.
Da Anna Seghers zu dieser Zeit nicht nach Darmstadt reisen konnte, fand die Festveranstaltung am 20. Juli 1947 ohne sie statt. Die Laudatio auf Anna Seghers hielt der Journalist Kurt Heyd. Die Verleihung des Georg-Büchner-Preises war für ihn „eine späte Anerkennung für das große dichterische Schaffen” und „ein Teil unseres Dankes für ihre Rückkehr nach Deutschland.“ Das Preisgeld von 1.000,- Mark brachte ihr Elisabeth Langgässer persönlich nach Berlin. Auch sie war für den Preis vorgeschlagen worden, bekam ihn aber erst posthum im Jahr 1950. Die Preisurkunde erreichte Anna Seghers schließlich im Jahr 1949.
Ganz im Sinne der Reihe „Literatur 1947 in Rheinhessen“ lässt sich an diesem kulturpolitischen Beispiel zeigen, wie die Ansätze eines demokratischen Aufbruchs in den ersten Nachkriegsjahren im beginnenden Ost-West-Konflikt schon bald von den restaurativen gesellschaftlichen Tendenzen verdrängt wurden.
Die Teilnahme ist kostenlos. Eine Anmeldung unter der Angabe der Kontaktdaten ist erforderlich. Die Durchführung der Veranstaltung hängt von den jeweils geltenden Vorschriften zu Covid 19 ab.
Mail zur Anmeldung und bei Fragen: cornelia.dold[at]haus-des-erinnerns-mainz.de; Tel.: 06131/617 74 47
Veranstaltende: Anna-Seghers-Gesellschaft Berlin und Mainz in Kooperation mit der Stiftung „Haus des Erinnerns – für Demokratie und Akzeptanz Mainz“ sowie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz
Diese Veranstaltung findet im Rahmen einer Vortragsreihe zum Thema „Literatur um 1947 in Rheinhessen“ statt.